75 Jahre D-Day und was wir daraus lernen können

Vor 75 Jahren, am 6. Juni 1944, landeten die Westalliierten, angeführt von den USA, an der Normandie-Küste.

Welche Lehren wir aus dem D-Day ziehen können, analysiert Michael Wolffsohn in einem Artikel für die Landshuter Zeitung und die Münchner Abendzeitung am 01. Juni 2019. Auszüge:

Der D-Day führte über Deutschlands bedingungslose Kapitulation in die Freiheit. Zunächst nur im Westen. Konrad Adenauers weitsichtige Westbindung stellte die traditionell törichte Grundstrategie deutscher Außenpolitik, basierend auf einem dünkelhaft-überheblichen Anti-Amerikanismus, vom Kopf auf die Füße. Westbindung war, ist und bleibt Deutschlands Sicherheitsgarantie durch die USA. Nach D-Day und dem 8. Mai 1945 haben das die meisten Deutschen allmählich verstanden.

Heute hat Anti-Amerikanismus wieder Hochkonjunktur. Die meisten interpretieren ihn als Reaktion auf US-Präsident Donald Trump. Der Schein trügt, denn spätestens nach John F. Kennedy, seit Mitte der 1960er Jahre, grassiert der neudeutsche Anti-Amerikanismus. Er begann mit Lyndon B. Johnson wegen Vietnam. Der war hierzulande ebenso verhasst wie Richard Nixon und, lange nach Vietnam, Reagan und Bush junior. Gerald Ford und Jimmy Carter wurden als Leichtgewichte oder Trottel gehandelt, und Bush Vater verübelte man den Irakkrieg von 1991. Dass er mehr als jeder andere Ausländer Deutschlands Wiedervereinigung ermöglichte, verdrängte die Mehrheit „der“ Deutschen schnell. Bill Clintons Sexismen amüsierten, und selbst unter Obama gingen Millionen auf die Straße, weil sie – polemisch überspitzt – den Import von US-Chlorhühnchen als Angriff auf die ökologische Reinheit der deutschen Wirtschaft fürchteten.

Anti-Amerikanismus ist Selbstmord

Der klotzende Donald Trump (vgl. „Donald Trump / Bill Zanker: Nicht kleckern, klotzen! Der Wegweiser zum Erfolg – aus der Feder eines Milliardärs“, Börsenmedien AG 2008) lehrt sie nun alle nicht nur das wirtschaftliche Fürchten. Wir klotzen zurück. Das mag emotional verständlich sein. Wer allerdings sowohl militärisch als auch wirtschaftlich von Größeren und Stärkeren abhängig ist, muss zwar von denen nicht alles hinnehmen, sollte aber beim Rück-Klotzen bedenken, dass dem ein ökonomisch selbstmörderischer Rückstoß folgen könnte. Denn auch das ist eine D-Day-Lehre: Am Ende erwies sich die amerikanische Volkswirtschaft der deutschen haushoch überlegen. Das ist heute nicht anders als damals.

Seit dem 19. Jahrhundert ist auch der kulturelle und wissenschaftliche Anti-Amerikanismus in Deutschland verinnerlicht. In der Nobelpreis-Statistik liegt das heutige Deutschland weit hinter den USA. Das war bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ganz anders. NS-Unmoral und -Verbrechen führten zu Flucht und Auswanderung deutsch(jüdischer) Spitzenkultur und -wissenschaft sowie, als direkte Folge, zur Einwanderung in die USA. Bis heute profitiert Amerika davon und leidet Deutschland daran.

D-Day aus historischer Sicht beinhaltet für Deutschland DIE Lehre schlechthin: Die Trump kommen und gehen, wir bleiben, auch selbstverschuldet, unterlegen. Auch deshalb ist Anti-Amerikanismus Selbstmord.

Der Artikel in der Münchner Abendzeitung als PDF

Der Artikel in der Landshuter Zeitung als PDF

 

 

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