Juden brauchen keine Mahnwachen

Der deutsche Staat tut zu wenig für die Sicherheit der Juden. Er will sie vor antisemitischen Angriffen schützen, kann es aber nicht.

"Wir brauchen keine Mahnwachen. Versucht eine andere Gesellschaftspolitik, eine andere Sicherheitspolitik zu gestalten“, sagte Michael Wolffsohn am 16. Oktober 2019 im Interview mit MDR Kultur.

Zwar sei es nicht fraglich, dass Politik, Polizei, Medien und Gesellschaft die Juden im Prinzip schützen wollten. "Aber Fakt ist: Man kann uns nicht schützen. Und das ist ein Strukturdefizit in der Bundesrepublik Deutschland.“ Staat und Gesellschaft seien nicht wehrfähig – "und weil sie nicht wehrfähig sind, sind wir nicht sicher."

Antisemitismus schadet letztlich allen

Zugleich lehnte Wolffsohn es ab, nach dem Attentat von Halle bei der Sicherheitsfrage "nur auf den eigenen jüdischen Bauchnabel" zu schauen. Es gehe nicht nur um die Juden allein: "Wir sind maximal 200.000. Es geht um die Deutschen, die sich durch Antisemitismus und Judenverfolgung ins eigene Fleisch schneiden."

Denn die entscheidende Frage sei: "Was passiert für die deutsche Gesellschaft, wenn x Juden, lassen Sie es 50.000, 100.000 sein, auswandern aus diesem Land? Dann schadet dieses Deutschland sich selber."

Gefahr auch durch Islamisten und Linksextremisten

Deutschland brauche qualifizierte Zuwanderung – und die jüdische Gemeinschaft sei bestens ausgebildet und trage für den Wohlstand dieser Gesellschaft enorm viel bei. "Und wenn wir rausgeschmissen, vertrieben werden, oder wenn wir selber weggehen, um nicht erst vertrieben oder verfolgt zu werden, dann ist das ein Verlust für 'die Deutschen'", so Wolffsohn.

Abschließend betonte der emeritierte Professor für Neuere Geschichte, dass es für Juden neben dem Rechtsextremismus zwei weitere Gefahren gebe: "muslimische Extremisten und Linksextremisten".

(Die nachrichtliche Zusammenfassung des Gesprächs stammt von MDR Kultur.)

Zum Interview geht es hier

 

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