Einsatz für die Gemeinschaft liegt in deutsch-jüdischer DNA

Das Individuum kann sich nur entwickeln, wenn es der Gemeinschaft gut geht, und umgekehrt braucht die Gemeinschaft Individuen, die sich für die Gemeinschaft einsetzen.

Das sagte Michael Wolffsohn dem Deutschlandfunk Kultur. Ausschnitt aus einer Sendung über jüdisches Mäzenatentum vom 24. Januar 2020:

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Sozialer Wohnungsbau mit Kulturzugang

Wolffsohn ist auch Akteur, sein Erbe nennt sich "Gartenstadt Atlantic" – das klingt nach Sonne und Meer, nach Weite und Grün und befindet sich doch mitten in Berlin, dort, wo es besonders laut zugeht, gleich hinter dem Bahnhof Gesundbrunnen. Das Ende der 1920 Jahre errichtete Areal mit Hunderten Wohnungen und einem großen Kino, der sogenannten Lichtburg, war im Geist der Gartenstadtbewegung errichtet worden. Licht und luftig sollte es sein, dazu bezahlbar. Sozialer Wohnungsbau im besten Sinne.

Wolffsohns Großvater, der Verleger Karl Wolffsohn, hatte das Projekt mitfinanziert, schließlich gekauft und wurde später von den Nationalsozialisten enteignet. Es folgte das Exil und ein jahrelanger Kampf im Nachkriegsdeutschland um die Rückgabe des geraubten Besitzes. Als sein Enkel die Gartenstadt im Jahr 2000 erbte, war die ganze Anlage heruntergekommen, es gab einen riesigen Leerstand.

"Das Konzept, das wir gemeinsam entwickelt haben, zwar am Anfang ohne langfristigen Plan, ging aus von dem, was früher gemacht wurde: Nämlich in einer Wohnanlage bezahlbare gute Kultur hineinzubringen."

Rita und Michael Wolffsohn haben vor mehr als 15 Jahren die "Gartenstadt Atlantic" zu neuem Leben erweckt. Keine Luxussanierung, dafür konnten viele Altmieter übernommen werden. Um das Herzensprojekt realisieren zu können, nahmen sie große Kredite auf.

"Da hat ein alter Mieter uns Fotos geschickt von Kindern, die auf den Mülltonnen turnten mit dem Vermerk, wir möchten bitte dafür sorgen, dass diese Kinder nicht so viel Krach machen und wir waren eigentlich schockiert über diese Bilder und haben beschlossen, das muss anders werden."

Integration gehört zur Kulturarbeit

Die "Lichtburg" gab es zwar nicht mehr, jedoch lagen neben den Wohnungen die Gewerbeeinheiten von einst. Daraus wurden Lernwerkstätten. Hier können Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Einzugsbereich Musik und Theater machen oder gemeinsam kochen.

Ein betreutes, kostenfreies Ergänzungsprogramm, das das engagierte Ehepaar vor allem auch als aktiven Beitrag zur Integration in einer lange als abgestürzt geltenden Gegend versteht. Mithilfe ihrer eigens gegründeten Lichtburgstiftung bietet die "Gartenstadt Atlantic" seinen Bewohnern ein integratives Kultur- und Bildungsprogramm, samt medizinischen Versorgungseinrichtungen.

"Es ist ein Gebot der Vernunft und der Ethik, dass, wenn man Kultur in eine Wohnanlage bringt, dass als ein Integrationsprojekt versteht. Daher haben wir von Anfang an das, was wir als Kultur, Integrations- und Bildungsprojekt installiert haben, verstanden als einen deutsch-jüdisch-muslimischen Mikrokosmos und das ist in Berlin Gesundbrunnen, wo es um die Ecke auch fundamentalistische Moscheen gibt, kein leichtes Unterfangen."

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